– Hintergrund: Wie DER SPIEGEL sein Flüchtlings-Cover bastelte –
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My Art of Vision Newsletter (29.09.2023) – Update 22.02.2025
Verlinkte Quelle:
Quellbild: Migrants transferred from the island of Lampedusa to mainland Italy
LAMPEDUSA ISLAND, ITALY – SEPTEMBER 17: Migrants are seen before embarking the Lampedusa Ferry as the massive transfer of migrants is taking place from the Sicilian island of Lampedusa to the Italian mainland to alleviate the emergency created by the mass arrival of nearly 7000 migrants to the island of Lampedusa last week in Lampedusa Island, Italy on September 17, 2023. (Photo by Valeria Ferraro/Anadolu Agency via Getty Images)
Über Adobe Firefly in der anfänglichen Beta-Version habe ich schon einmal berichtet und eine Demo gezeigt, indem ich auf einem Originalbild von Schloss Neuschwanstein per Mausklick alternative Schlösser habe bauen lassen. Einige davon hätten dem “Kini” sicherlich gefallen. Ich werde unten noch einmal darauf eingehen.
Seitdem Firefly in das offizielle PS-Abo übernommen wurde, hat sich eine öffentliche Diskussion entwickelt, deren Ausmaß und deren Weiterungen noch gar nicht absehbar sind. Dabei ist Bildmanipulation in Digitalien nix Neues; das hat es schon immer gegeben. Es stellt sich dabei die Frage, wie wir “Manipulation” definieren, wo sie spätestens anfängt, ob und ggf. wie wir sie als solche deklarieren und wie wir letztlich damit umgehen.
Sprechen wir zunächst über das SPIEGEL-Cover und die Originaldatei, deren Lizenz man bei gettyimages für einen mittleren dreistelligen Betrag kaufen kann (Link auf Bild):
1) Was ist da passiert? 2) Ist das urheberrechtlich “in Ordnung”? 3) Was ist der Zweck der Aktion? 4) Welche Botschaft wird damit vermittelt? 5) Inwieweit ist das presserechtlich/journalistisch zulässig, sachgerecht und im Ergebnis angemessen?
1) bis 4) kann ich beantworten; über 5) wird heftig gestritten.
Zu 1): Aus der Bilddatei wurde eine monochrome Grafikdatei generiert, die auf die Menschenschlange fokussiert und auf das Schiff im Hintergrund. Einige Elemente wurden entfernt. Die sonstige Zeichnung wurde ebenfalls herausgenommen. Zu 2): Davon gehe ich aus; die Lizenzbedingungen sollten diese Verarbeitung im Sinne eines neuen “Fotokunstwerks” prinzipiell erlauben, auch ohne Quellenangabe. Zu 3) Naja, das ist offensichtlich und bedarf keiner Erklärung. Zu 4): Das hat DER SPIEGEL auf seinem Cover in großen Buchstaben adressiert. Bei 5) habe ich selber noch keine abschließende Meinung. Wenn ich mir die Bundestagsdebatten der letzten Zeit in Erinnerung rufe, in der mal wieder just for show Fensterreden gehalten wurden, ist mir ein Bild in der Tat aussagekräftiger.
Aber warum bitte nicht das Original von gettyimages?? Die auszugsweise Kommentierung der selbst ernannten “Medienrichter” im Internet ist folgende:
Fazit:
Medien sind unstreitig nicht nur Berichterstatter, sondern immer auch Meinungsmacher. Ich wurde 1959 geboren, die SPIEGEL-Affäre 1962 kenne ich nur aus Dokus. Aber spätestens seitdem wissen wir, dass die Presse und auch die elektronischen Medien ganz bewusst und hartnäckig politische Ziele verfolgen können und dieses auch tun. Die politische Zielscheibe des SPIEGEL war damals der Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Strauß, den man öffentlich “abschießen” wollte.

KI in der digitalen Bildbearbeitung – Versuch einer fairen Auseinandersetzung
Mit Adobe Firefly (es gibt auch andere Tools) könntet Ihr – so war die anfängliche Bewerbung im Netz – mit “eigenen Worten” (in über 100 Sprachen) z.B. … einen authentischen Jaguar anstelle der Hauskatze in der eigenen Wohnung erscheinen lassen. Zwischenzeitlich geht noch viel mehr, denn das Programm wurde weiterentwickelt. Man kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
Ob das wirklich für alle Fotoaffinen nicht zuletzt in Ansehung der berechtigten Interessen der Eigentümer und sonstigen Berechtigten bezüglich urheberrechtlich geschützter Kunstwerke das lang erwünschte Ultimo Ratio-Tool sein kann, ist jedoch zweifelhaft. Anscheinend ist man sich bei Adobe & Co. über die Problematik im Klaren und daher noch nicht festgelegt, inwieweit KI mehr Segen als Fluch bringen wird. Vielleicht wird die Effektivität von PS zumindest teilweise eingeschränkt werden, um nicht jeden Unfug zu unterstützen. Zumindest scheint man entschlossen, den Einsatz von KI in den Metadaten einer Bilddatei zu dokumentieren, und zwar so, dass es nicht ohne weiteres händisch entfernt werden kann. Inschallah!
Ein Beispiel für mögliche faire “Spielregeln” für fototechnisch “legitime” Anwendungen unter Beachtung des Transparenzgebots
ROT–GRÜN versus SCHWARZ-ROT
Hintergrund: Morgen sind in Deutschland politische Bundestagstagswahlen.

Hinweis: Die Spechte kümmert unsere Parteienlandschaft nicht, die Natur sieht das Farbspektrum völlig undogmatisch. 🙂
Was ist jetzt der Punkt?
Als neudeutsch COMPOSING versteht man die Überlagerung verschiedener Bilder übereinander/nebeneinander nebst digitaler Verrechnung, was selbstredend nur per EBV erfolgen kann. Das Thema als solches ist uralt. Denn die Panoramafotografie war und ist nix Anderes. Und auch ein HDR-Bild mit einer Belichtungsreihe, dessen Zweck es u.a. ist, die Dynamik einer Digitalaufnahme an die unserer Augen anzupassen, um möglichst viel Zeichnung sichtbar zu machen, beruht auf demselben Prinzip.
Wir haben schon vor 15 Jahren darüber gestritten, ob eine solche Vorgehensweise noch das Attribut „authentisch“ verdient oder nicht, kamen jedoch zu keinem Ergebnis. Was auch der Denklogik entspricht; denn einen absoluten Maßstab für Authentizität im Sinne von „Wahrheit“ gibt es bekanntlich nicht. Eine Kamera sieht letztlich immer das, was wir ihr gestatten bzw. vorgeben. Die Brennweite des Objektivs, der Fokus und die Belichtung beeinflussen maßgeblich das Ergebnis. Wenn man so will, fängt schon hier die „Bildmanipulation“ an. Oder auch nicht. Eben weil uns dogmatische Diskussionen über das „richtige Sehen“ nicht weiterhelfen.
Wettbewerbe in der Naturfotografie unterliegen klaren Regeln, was fototechnisch akzeptiert werden kann. Im Übrigen ist es ein Gebot der Fairness, den fototechnischen Hintergrund eines Bildes (the making of) zumindest anzudeuten und ggf. auf weitere Nachfragen zu erläutern.
Fotografie ist jedoch unstreitig auch Fotokunst. Namentlich die Überlagerung/Kombination von Fotos, die inhaltlich zusammenpassen, zumal wenn sie in einer Sequenz oder Serie entstanden sind, ist eine künstlerische Ausdrucksweise, die ihre eigene Berechtigung hat. Das gab’s schon immer und sollte deshalb nicht kritisiert werden.
Mein obiges Beispiel ist quasi ein Anschauungsbild für ein Schul-Lehrbuch. Besser kann man Biologie kaum illustrieren, wenn es genau darum geht.
Ja, natürlich: Dasselbe Bild als authentische Doku eines Grünspechtes in Kombi mit einem Mittelspecht wäre wahrscheinlich derart sensationell, dass man damit ohne weiteres bei National Geografic antreten könnte. Genau das möchte ich aber nicht, sondern den fleißigen und beharrlichen Naturfotografen überlassen, die dafür ein halbes Leben im Tarnzelt sitzen, bis der goldene Schuss im Kasten ist.
Ergänzende Linkis zur Info:
https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/portraets/gruenspecht/
https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/portraets/mittelspecht/
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