Geballte Ladung aus dem Speicher: E-Autos schneller laden

– Deutscher Umweltpreis geht an Thomas Speidel, Pionier aus Nürtingen –

 

 

 

Schnellladen neu erfunden: Im Prinzip wie beim WC-Spülkasten.

Dafür hat der Chef des Unternehmens ads-tec in Nürtingen bei Stuttgart ein ultraschnelles Ladesystem entwickelt. Statt nur das bisschen Leistung aus dem Stromnetz, kann so “die geballte Ladung” aus dem Speicher genutzt werden, erklärt Thomas Speidel. Die batteriegepufferten Schnelllader könnten flexibel an Straßen und Firmengebäuden, in Wohngebieten ohne Garagen oder Wallboxen aufgestellt werden. Wird ein E-Fahrzeug angedockt, sei es binnen Minuten strombetankt.

 

 

 

Ich hänge Euch das vollständige pdf-Dokument zum Selbststudium an.

 

Was heißt das konkret?

Ich versuche es mal auf Stammtischniveau herunter zu skalieren, und zwar – wie könnte es für einen Zuffenhäuser anders sein – anhand eines PORSCHE Taycan. Denn der ist derzeit in Deutschland das non plus ultra in Bezug auf den Stand der Technik bei E-Autos. Namentlich wird im Taycan mit die effizienteste Batterie verbaut, die es im Markt gibt. Noch deutlich bessere E-Speicher sind angabegemäß in der Entwicklung; die Forschung, auch in Deutschland, ist hier gut unterwegs.

 

 

Das sind die von PORSCHE veröffentlichten Leistungsdaten für den Taycan:

 

 

Also:

Der volle Energieinhalt (vergleichbar dem Tankinhalt für Benzin) der im Taycan verbauten Batterie beträgt so rund 100 kW/h. K steht für 1000, 1 kW = 1000 Watt. Ihr könnt ja mal den Verbrauch von energiesparenden Elektroleuchtmittel dagegen halten oder den des TV, um ein Gefühl zu bekommen, worüber wir hier reden. Meistens werden Batterien aber nicht auf Volllast gefahren, sondern nur mit 80%. Das erhöht die Lebensdauer. PORSCHE gibt den durchschnittlichen Stromverbrauch des Taycan (WLTP) mit 17,7 kWh/100 km an, woraus sich eine Reichweite von 656 km ergäbe. Wenn man das mit dem Taschenrechner oder mit MS-Excel nachrechnet, kommt man zwar auf einen anderen Wert. Rund 600 km sind es aber im Ergebnis auch.

Stellen wir uns also vor, die Auto-Batterie des Porsche ist leergefahren und muss neu geladen werden. Das ist so ähnlich wie beim Benzintanken an der Zapfsäule. Wenn dort 1 Liter Sprit in 1,5 Sekunden in den Tank gepumpt wird, ist ein 80 Liter Tank rechnerisch mehr oder weniger in 120 Sekunden = 2 Minuten wieder gefüllt. Prima für den Normalverbraucher! Allerdings: Es kommt halt darauf an. Als in der Formel 1 bei einem Boxenstopp noch (brandgefährlich) Sprit nachgetankt werden durfte/musste, erfolgte dies natürlich mit Hochdruck. Denn es waren nur rund 5 Sekunden, mehr Zeit hatte man dafür nicht. Nach insgesamt 25 Sekunden Pause musste der Rennwagen wieder auf der Strecke sein. Eine Tankzeit von 2 Minuten wäre im Rennsport völlig inakzeptabel gewesen.

Worum geht es also? Die Diskussion bei den E-Autos ist – in der Terminologie des Verbrennermotors – mithin in etwa die Frage, wie verkürzen wir die in der Fläche aktuell darstellbare Regelzeit für das Tanken, d.h. die im obigen Beispiel bezeichneten rund 2 Minuten, mit “Hochdruck” in Richtung 5 Sekunden?? Das ist die Herausforderung.

Denn wenn wir “unseren” Taycan in der Privatgarage mit Strom aus unserem durch Photovoltaik gespeisten Hausnetz auftanken, braucht es dafür stets einen halben Tag oder die ganze Nacht. Und selbst an einer E-Tankstelle warten wir je nach Ladeleistung (120 bzw. 150 KW) mindestens 45 bzw. 30 Minuten, bis der Vorgang abgeschlossen ist. Eine knappe Stunde Aufenthalt an einer Tankstelle? Das ist für viele traditionelle Verbrenner-Piloten (dazu gehöre ich auch) nicht unbedingt ein Anreiz, absehbar über ein E-Auto nachzudenken.

Hinweis: Bei einer derzeit maximalen Ladeleistung von rund 320 KW (Gleichstrom) geht’s natürlich deutlich schneller. Der Taycan mit seiner Hochleistungsbatterie ist dabei in “nur” 18 Minuten wieder (auf 80%) vollgetankt. Wenn die Batterien künftig noch signifikant leistungsstärker werden dürften, wovon auszugehen ist, könnte sich die Ladezeit weiter deutlich reduzieren. Das muss das Ziel sein.

Was ist jetzt der Clou an der schwäbischen Erfindung?

Antwort: Sie macht beim Stromtanken den Idealfall bzw. die derzeitige Ausnahme zur neuen Regel. Geballte Power statt Salamitaktik!

Konkret: Zwischen dem Stromnetz und der Autobatterie wird ein “Speicher” zwischengeschaltet, der dazu in der Lage ist, stets die maximale Leistung abzugeben (auch für zukünftige Anforderungen), wobei völlig irrelevant ist, womit der Speicher selbst aufgeladen wurde. Das kann insbesondere zu Unzeiten geschehen, wenn wenig Strom nachgefragt wird und relativ billig ist. Noch verrückter: Der Speicher kann auch wieder Strom ins Netz zurückspeisen, wenn die Sonne nicht scheint bzw. die Windräder still stehen.

Genial oder nicht? Wenn man diese Erfindung flächendeckend hochskaliert und angenommen ganz Deutschland damit versorgt werden würde, und zwar nicht nur für das Betanken von E-Autos, bräuchten wir unseren Überschussstrom im Sommer (Sonne, Windkraft) wahrscheinlich nicht mehr ins Ausland “verschenken” (zugunsten Schweizer Pumpspeicherkraftwerke), sondern könnten damit dezentral eigene lokale Speicher befüllen und insgesamt den nationalen Stromkreislauf deutlich effizienter managen. Anders ausgedrückt: Die industrielle Speichertechnik wird schlechterdings der entscheidende Knackpunkt sein, ob wir die Energiewende letztlich meistern oder nicht.

Was hindert uns daran?

Unser Erfinder Thomas Speidel aus Nürtingen nennt es beim Namen: Im wesentlichen sei es die Politik (in Brüssel und in Berlin). Denn die setzt die Rahmenbedingungen, ob vorliegend ein schwäbischer Mittelständler seine schlaue Erfindung mit vertretbarem Aufwand und kalkulierbarem Risiko innerhalb überschaubarer Zeit auf dem (Welt) Markt anbieten kann (oder nicht) und mittel- bis langfristig im Wettbewerb mit anderen wird bestehen können.

O-Ton Speidel: “Man muss uns nur machen lassen und uns nicht jeden Tag neue Knüppel zwischen die Beine werfen!”

Tipp: Schaut zu, dass Ihr Euren persönlichen Energiehaushalt stets im Lot haltet. :-))

 

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